Procar ist ein großer BMW-Händler in Nordrhein-Westfalen. Seit Monaten drängt die Geschäftsführung die Beschäftigten zum “freiwilligen” Verzicht auf tarifliche Rechte. (Über diese Auseinandersetzung hat work-watch ausführlich berichtet.) Im November hat das Unternehmen schließlich erklärt, den geltenden Tarifvertrag mit der IG Metall endgültig zu brechen und künftig den Mitarbeitern bei “Procar-Süd” nicht mehr die vereinbarten Löhne zu zahlen. Die IG Metall hat darüber in einem ausführlichen Flugblatt aufgeklärt, das Gewerkschafter vor den Toren der Kölner Betriebsstätten von Procar verteilt haben.
Procar reagierte auf die Flugblattverteilung durch die IG Metall mit einem ganz eigenen Verständnis von Demokratie vor und hinter Betriebstoren:
Das Flugblatt hat nämlich auch der ehemalige Betriebsratsvorsitzende Josef Thomas verteilt. Er wurde von vielen seiner früheren Kollegen aufs Herzlichste begrüßt und führte zahlreiche Gespräche mit ihnen. Der Karrosseriebaumeister ist im Betrieb und insgesamt in Köln ein bekannter Mann. Letztes Jahr nahm er von BAP-Sänger Wolfgang Niedeggen und Oberbürgermeister Jürgen Roters den Kölner Ehrenamtspreis für seine Verdienste bei der Vermittlung von Jugendlichen in Berufe der Metallverarbeitung entgegen.
Aber die Geschäftsführung von Procar hält offensichtlich nichts von Prominentenpflege und auch nichts von einem respektvollen Umgang mit ehemaligen Mitarbeitern. Sie verhängte gegen Josef Thomas, statt ihm für seinen Besuch zu danken, postwendend ein Hausverbot “auf unbestimmte Zeit für alle Filialen samt Außenbereichen” (so das Anschreiben).
Etwas wirr formuliert die Chefetage ihre Begründung: “Die öffentliche Diskussion privater Angelegenheiten in unseren Filialen kann von uns nicht geduldet werden.” Hat Josef Thomas bei der Flublattverteilung “private” Geschichten “öffentlich” zum Besten gegeben? Anekdoten aus seiner aktiven Zeit bei Procar? Hinterzimmergeschichten aus Verhandlungspausen? Geheimnissumwittertes aus anrüchigen Zwischenzonen? Nein, aber er hat die ganz und gar nicht private Lohnsenkungspolitik des Unternehmens thematisiert. Und das so, wie es sich gehört bei einem solchen Skandal: öffentlich.
Eher unwahrscheinlich, dass Procar die öffentliche Diskussion mit derart schrägen Schreiben verhindern kann. Auch wenn die verantwortlichen Herren abschließend “hoffen, mit dieser Maßnahme die Angelegenheit insgesamt beruhigen zu können.”