Er lässt seine LKWs durch die Kölner Region fahren, als könne er kein Wässerlein trüben: Ralf Guerra ist Eigentümer und Herr über 55 Beschäftigte, die für sein Unternehmen Getränke an den Einzelhandel und an die Gastronomie vertreiben. Auch mal mit abgefahrenen Reifen oder mit einem Hänger ohne funktionierende Bremsen.
Das Geschäft ist hart, die Konkurrenz schläft nicht und also müssen auch die Fahrer in Guerras Diensten mit wenig Schlaf auskommen. Schichten bis zu 14 und 16 Stunden sind keine Seltenheit, der Druck auf die Fahrer ist auch deshalb erheblich, weil Teile ihrer Entlohnung nach abgelieferten Kisten berechnet wird – eine im Straßenverkehr verbotene Form von Akkord.
Da klingt es wie Hohn, wenn Guerra auf seiner Homepage erklärt: “Als Unternehmen mit rheinischen Wurzeln legen wir Wert darauf, dass bei uns ein gutes Betriebsklima herrscht.”
Weil sich einige Mitarbeiter das Klima nicht mehr gefallen lassen wollten, baten sie, unterstützt von ver.di, work-watch um Hilfe. Wir schrieben den Eigentümer mit der Bitte an, sich zu einigen Problemen wie nicht geleisteter Lohnfortzahlung oder Überschreiten der Höchstarbeitszeit zu äußern. Die Antwort war ganz unbescheiden: es stünde in seinem Betrieb alles zum Besten. Daraufhin verteilten Kollegen von work-watch vor dem Betrieb und anderen einschlägigen Lokalitäten ein Flugblatt:
Getränke-Guerra: Ausgegrenzt und abgeschoben
3.500 Euro brutto verspricht “Getränke Guerra”, ein Kölner Getränkegroßhändler, in Internetanzeigen LWK-Fahrern in Spanien, wenn sie nach Köln kommen – nicht einmal die Hälfte kriegen sie dann tatsächlich und nach 6 Monaten auch noch einen Tritt. Inhaber Ralf Guerra hält insofern wenig von seinen Versprechungen. Und wenn einer seiner Fahrer, die für ihn in Köln und im Umland Getränke ausliefern, mal krank wird, erhält er nicht einmal die gesetzlich vorgeschriebene Lohnfortzahlung.
Ralf Guerra umgibt sich anscheinend gern mit Arbeitskräften, die sich nicht wehren können, weil sie nicht genügend deutsch sprechen. Mit denen, so denkt er wohl, kann er alles machen. Und hat nachweislich mindestens einen seiner 35 Mitarbeiter nicht einmal zur Krankenversicherung angemeldet.
Deswegen von work-watch.de um Stellungnahme gebeten, antwortete das Unternehmen, bei ihnen laufe alles nach den “üblichen Regelungen” (was immer das ist) oder sogar “im gesetzlichen Rahmen”. Dabei ist der zwölfstündige Arbeitstag, den Ralf Guerra schon in seiner Anzeige fordert, ebenso ungesetzlich wie die Leistungsprämie, die die Fahrer bei ihm angeblich verdienen.
Vor dem Kölner Arbeitsgericht wurde “Getränke Guerra” nun immerhin in drei Fällen gezwungen, an Beschäftigte, die von ver.di unterstützt wurden, vorenthaltenen Lohn (Überstunden) nachzuzahlen.
Wenn es im Unternehmen einen gewerkschaftlich aktiven Betriebsrat geben würde, könnte sich Ralf Guerra so viel Ausbeutung wohl nicht mehr leisten…