Ende September wurde in München-Freising ein Seminar der Anwaltskanzlei Schreiner gestört. Auch in Hamburg wurde protestiert, als die Beratungsfirma BWRmedia eine Schulung durchführen wollte. In beiden Fällen wollten sich Arbeitgeber ausbilden lassen, wie sie am besten mit kritischen und aktiven Betriebsräten “aufräumen”.
Teilnehmer der Aktionen in München und Hamburg berichten:
München Es hätte alles so schön sein können: Britta Heilf, Partnerin der Kanzlei Schreiner&Partner, wollte in Ruhe eines ihrer Kündigungsseminare „Effektive Strategien im Umgang mit schwierigen Betriebsräten“ abhalten. Auf dem Schulungsplan für die angereisten ArbeitgeberInnen und PersonalerInnen: Betriebsräte kündigen, arbeitgeberfreundliche ArbeitnehmerInnen im Betriebsrat installieren und nach der Kaffee-Pause dann noch Anti-Gewerkschaftsstrategie. Und am Ende wären alle Beteiligten zufrieden gewesen: 900 Euro Teilnahmegebühr brutto für Schreiner&Partner, Mieteinnahmen für das Dorint Hotel Freising und die TeilnehmerInnen hätten zur Steigerung ihrer Profite alle erlernten Methoden in ihren Betrieben gegen kämpferische BetriebsrätInnen und aktive GewerkschafterInnen durchexerziert - also jede Menge Kündigungen, Bossing und Psychoterror. Damit das in Freising nicht mehr ungestört möglich ist, versammelten sich heute ab 9 Uhr morgens fünfzehn AktivistInnen vor dem Eingang des Hotel Dorint, um dort lautstark gegen die Seminare von Schreiner&Partner zu protestieren. Die bundesweit agierende Kanzlei ist einer der am offensivsten auftretenden Unionbusting-Dienstleistern in Deutschland, die Strategien gegen missliebige oder kämpferische Lohnabhängige zum Geschäft gemacht haben. Ihre Praxis-Seminare werden beworben mit robusten Versprechen wie „Die Kündigung von Low Performern“, „So flexibilisieren Sie Ihre Arbeitsverhältnisse“, „Krankheit als Kündigungsgrund“, „So gestalten Sie kreativ Kündigungsgründe“ etc. In Redebeiträgen sprachen Gewerkschafts-AktivistInnen Schreiner&Partner die fristlose Kündigung aus für ihre Schulungen in Freising und München. Dauerbeschallung und Flugblätter informierten PassantInnen, Hotelangestellte, Übernachtungsgäste und einquartierte Stewardessen über die Kündigungsseminare. Das Feedback war durchweg positiv. Auf der vielbefahrenen Straße vor dem Hotel hupten mehrere AutofahrerInnen aus Solidarität, als sie die Protest-Transparente gelesen hatten. Das Ziel ist, der Kanzlei, die in München auch eine Repräsentanz unterhält, ihre Seminarräume in der Region zu nehmen. Das das möglich ist, haben Aktionen in Stuttgart gezeigt, nach denen ein Hotel an Schreiner&Partner nicht mehr vermietete und die Unionbuster mehrere Seminare absagen mussten.
Hamburg „Gewerkschaftsfeinde stören“, „Vorsicht Lohndrücker“ oder „Classwar – just do it!“ stand auf den Transparenten und Schildern, mit denen rund 80 Menschen am 24. September 2014 in Hamburg protestierten. Dort fanden die „Arbeitgebertage zum Brennpunkt Betriebsrat“ statt: Ein mehrtägiges Seminar für Chefs und Personalverantwortliche, die sich durch professionelle Berater im systematischen Kampf gegen Gewerkschaften, Betriebsräte und unliebsame Beschäftigte schulen ließen. Der „Aktionskreis Arbeitgebertage“ - der sich aus linken Gruppen, Einzelpersonen und kritischen Gewerkschafter_innen zusammensetzte – rief zu der Kundgebung auf. Ab 17:30 Uhr sammelten sich die Teilnehmenden am Pickhuben (Hafencity) in direkter Nähe zum Veranstaltungssaal des AMERON Hotels, wo die Tagung stattfand. Mit Trillerpfeifen und Parolen wurde versucht, die Konferenz zu stören. Der Veranstalter war die bekannte Beratungsfirma BWRmedia, die sich immer wieder durch die Vermittlung gewerkschaftsfeindlicher Unternehmesstrategien hervorgetan hat. Mit etwas Verspätung begann der offizielle Teil der Kundgebung. Von zwei Betreiber_in der Internetseite „arbeitsunrecht.de“, die Fälle von Union-Busting in der BRD dokumentieren, wurden die Methoden der Gewerkschafsbekämpfung erläutert. Sie nannten die einschlägigen Anwaltskanzleien und Beratungsfirmen, die sich auf derlei Bereiche spezialisiert haben und beschrieben die Folgen des Schikanierens, Mobbens und Psychoterrors für die betroffenen Gewerkschafter_innen und Betriebsräte. Ein Betriebsrat von UPS aus Niedersachsen erzählte von seinen eigenen Erfahrungen, wie er als gewerkschaftlich Aktiver im Betrieb gezielt fertig gemacht werden sollte. Auch der Betriebsratsvorsitzende von Neupack, wo die Belegschaft 2012 - 2013 einen der längsten Arbeitskämpfe in der Geschichte Hamburgs führte, berichtete in einem kurzen Statement von seiner Situation. Seit dem Streik versucht die Geschäftsführung von Neupack immer wieder Gründe zu kreieren, um ihn zu kündigen. Dafür hetzten sie selbst einen Privatdetektiv auf ihn. In einer weiteren Rede wurde hervorgehoben, dass die Methoden des Union-Busting ein Angriff auf alle Lohnabhängigen sind. Es wurde deutlich gemacht, dass für viele Unternehmen mittlerweile selbst die zahmen, sozialpartnerschaftlichen Formen der betrieblichen Mitbestimmung zu viel sind und als lässtig bei der optimalen Ausbeutung von Arbeitskräften empfunden werden. Der Beitrag unterstrich auch, dass es um mehr als den Ausbau betrieblicher Rechte geht. Vielmehr muss sich der Kampf gegen die Lohnarbeit selbst richten, die der spezifische Ausdruck kapitalistischer Verhältnisse ist. Die Tagungsteilnehmer_innen hatte ursprünglich für 19 Uhr ein gemeinsames Essen im nahegelegenen Restaurant Wasserschloß geplant, das sie vermutlich auf Grund der Proteste absagten. Als einige Menschen nach der Kundgebung vor das Restaurant zogen, erklärte einer der Mitarbeiter, dass die angekündigten Gäste ihren Tisch kurzfristig storniert hätten. Auch wenn die Kundgebung etwas kämpferischer und die Mobilisierung breiter hätten Ausfallen können, scheint langsam Bewegung in die Proteste gegen die Union-Buster zu kommen. Dass sie ihr geplantes Diner zum Abend zurück ins Hotel verlegten, kann als kleiner Erfolg gewertet werden. Nachdem in Stuttgart gegen Seminare der berüchtigten Kanzlei Schreiner + Partner demonstriert wurde, folgte die Aktion gegen BWRmedia in Hamburg und einen Tag später eine Kundgebung gegen ein Union-Buster-Seminar in München. Die professionellen Berater von aggressiven Unternehmen können zukünftig wohl nicht mehr im Stillen ihre Tipps zur Bekämpfung von Gewerkschaften und unbequemen Beschäftigten verbreiten. Auch in Hamburg wird es nicht die letzte Aktion dieser Art gewesen sein. Quellen: https://linksunten.indymedia.org/de/node/122970; https://linksunten.indymedia.org/de/node/123101.