Im Visier des Konzerns ist aber auch der verdi-Blog „wasi-nrw.de“
Wertschätzung gegenüber Mitarbeiter-innen und Kunden sei das Leitbild
ihres Handelns, behauptet die WISAG, einer der größten
Dienstleistungskonzerne, auf seiner Website. Der Belegschaft müssen
diese salbungsvollen Worte wie Hohn vorkommen, denn der Großteil ist
prekär beschäftigt. Über 46.000 Menschen arbeiten für das Unternehmen,
in den Bereichen Gebäudereinigung, Haustechnik, Catering,
Bodenverkehrsdienste und im Sicherheits- und Bewachungsgewerbe. Die
meisten Beschäftigten arbeiten Teilzeit mit befristeten Verträgen und
kommen mit ihrem Lohn deshalb kaum über die Runden. Kein Wunder, dass
das Frankfurter Familienunternehmen floriert und fette schwarze Zahlen
schreibt. Den Umsatz konnte die Holding von Jahr zu Jahr steigern, auf
rund 1,7 Milliarden Euro 2014. Zwar hält sich das Unternehmen an
Mindestlöhne, heißt es in einer Studie der gewerkschaftsnahen
Hans-Böckler Stiftung, doch wenn Betriebsräte Betriebsvereinbarungen
oder Gewerkschaften Tarifverträge abschließen wollten, ist Schluss mit
lustig. Wer sich bei der WISAG für seine Kolleg-innen stark macht,
fliegt, musste jetzt ein Nachtwächter der Konzerntochter Sicherheit &
Service Nord-West in Düsseldorf erleben.
Zwei Kündigungen flatterten dem engagierten Gewerkschafter ins Haus. Er
ist Vorsitzender der Vertrauensleute, Mitglied der verdi-Tarifkommission
des Wach- und Sicherheitsgewerbes in NRW und stellvertretendes
Betriebsratsmitglied und ist der Geschäftsleitung offensichtlich schon
länger ein Dorn im Auge, weil er sich sich aktiv für seine Kolleginnen
und Kollegen einsetzt. Er verhilft seinen Kolleginnen und Kollegen zu
ihrem Recht, berät sie, wenn sie zu wenig Lohn bekommen, wenn es um eine
Befristung geht oder hilft, Teilzeit- in Vollzeitverträge umzuwandeln.
Auf einer Betriebsversammlung griff der Geschäftsführer der WISAG
Sicherheit & Service Nord-West GmbH den Kollegen an, weil immer mehr
betriebliche Konflikte beim Arbeitsgericht landen. Doch warum sollten
Beschäftigte auf ihre Rechte verzichten, wenn der Arbeitgeber sie ihnen
vorenthält und nicht mit sich reden lässt?
Der WISAG geht es offensichtlich darum, die Beschäftigten mit falschen
Lohngruppen abzuspeisen. Und genau darum hat sich der gefeuerte Kollege
gekümmert, denn obwohl für nicht wenige die Lohngruppe B8 (10,90
Euro/Std.) oder sogar Lohngruppe B9 (11,43 Euro/Std.) in Frage kommt,
wurden einige Beschäftigte nur nach der untersten Lohngruppe B7 (seit
1.1.2016 9,70 Euro/Std.) bezahlt. Die Kollegen machten deshalb mit
Unterstützung des gefeuerten Gewerkschafters ihre Ansprüche geltend.
Weil der Arbeitgeber nicht freiwillig zahlte, zogen einige Kollegen und
mit gewerkschaftlicher Unterstützung vor Gericht. Für die Betroffenen
ging es dabei nicht um Peanuts, sondern um mindestens 1,20 Euro die
Stunde, für prekär Beschäftigen in dieser Branche ist das viel Geld.
Doch der Arbeitgeber blieb stur und sieht sich von dem Kollegen
offensichtlich bedroht.
Noch während sein eigenes Eingruppierungsverfahren beim Arbeitsgericht
anhängig war, bekam Karl S. die erste fristlose Kündigung durch den
Arbeitgeber. Zuvor hatte er sich für einen Kollegen eingesetzt, der eine
Abmahnung bekommen hatte. Wie in anderen Fällen wurde für die Kündigung
irgendein Sachverhalt konstruiert, das Verfahren zog sich hin und man
versuchte, ihn zum Einknicken zu bewegen. Aber der Kollege, ließ sich
nicht einschüchtern und bekam Recht. Das Gericht kassierte die
Kündigung. Doch damit war die Angelegenheit nicht vom Tisch. Unmittelbar
nach der Verhandlung, bekam der Kollege die nächste fristlose Kündigung,
mit der hanebüchenen Begründung von einem angeblichen Prozessbetrug. Die
erste Kündigungen lagen immer Freitags in der Post, um dem Kollegen das
Wochenende zu versauen und weil man unter Druck eher Fehler macht. Vor
der zweiten Kündigung kam Freitags extrem kurzfristig eine Einladung zu
einer Anhörung für Samstagmorgen 11 Uhr. Auch wenn die Einladung
unmöglich einzuhalten war, war das Wochenende natürlich versaut.
Juristischen Beistand holt sich die Geschäftsleitung bei Bendel und
Partner, einer großen Wirtschaftskanzlei in Würzburg, die der WISAG seit
Jahren geschäftlich sehr eng verbunden ist.
Noch bevor über die erste Kündigungsschutzklage endgültig entschieden
war, flatterte dem Kollegen die nächste fristlose Kündigung ins Haus.
Die Vorwürfe sind auch dieses Mal an den Haaren herbeigezogen, machen
jedoch deutlich um was es dem Arbeitgeber geht, um die Kritik des
Kollegen an den Arbeitsbedingungen und um die Gewerkschaft im Betrieb.
Stein des Anstoßes sind Veröffentlichungen auf dem verdi-Blog
www.wasi-nrw.de über den Konflikt bei der WISAG. Die Website dient
Beschäftigten im Wach- und Sicherheitsgewerbe als Informations- und
Vernetzungsplattform. Die Begründung für die erneute Kündigung ist
absurd, schließlich ist der gefeuerte Kollege weder der Autor der
inkriminierten Veröffentlichungen, noch presse rechtlich verantwortlich.
Es geht der WISAG ganz offensichtlich darum, eine kritische Stimme im
Betrieb Mundtod zu machen und eine Berichterstattung über die
Arbeitsbedingungen im Konzern zu verhindern. Schließlich ist die
Niederlassung Düsseldorf einer der wenigen WISAG-Sicherheits-Betriebe,
wo es einen Verdi-Vertrauensleutekörper gibt.
Norman Ammon, Chef der WISAG Sicherheit & Service Nordwest,
widerspricht in einer Stellungnahme gegenüber work-watch dieser
Darstellung des Sachverhalts. Der Kollege S.vertrete eine falsche
Rechtsauffassung, so Ammanon. Es ist jedoch ganz offensichtlich, dass
die WISAG mit den Kündigungen vor Gericht nicht durchkommt. Trotzdem
verfehlen sie ihre Wirkung nicht, denn der Kollege ist erst einmal
draußen, muss sich laufend mit seinem Anwalt und der Gewerkschaft in
eigener Sache beraten, statt sich für die Interessen seiner Kollegen
einzusetzen und arbeitet bis zu einer endgültigen Entscheidung der
Gerichte für ein anderes Unternehmen.