Am Samstag, dem 14.10.2017, fand im Mannheimer Gewerkschaftshaus die 4. bundesweite Tagung „Betriebsräte im Visier – Bossing, Mobbing & Co.” statt. Über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus verschiedenen Branchen hatten sich für diesen Kongress angemeldet.
Anwesende Betriebsratsmitglieder aus verschiedenen Betrieben und Branchen berichteten über ihre schockierenden Erfahrungen. Diese belegen die weiter gewachsene Aggressivität gegenüber gewerkschaftlich aktiven Mitgliedern von Interessenvertretungen.
Mit sogenannten Verdachtskündigungen, mit Bespitzelung und Zersetzung des beruflichen und privaten Umfeldes wird gegen engagierte Betriebsräte vorgegangen. In der Folge kommt es bei Betroffenen zu schweren depressiven Erkrankungen und sogar zu Selbstmordversuchen. Nicht zuletzt entstehen existenzbedrohende finanzielle und familiäre Probleme.
Diese skandalösen Rechtsbrüche haben Unternehmensleitungen und ihre Helferhelfer in spezialisierten Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen und Detekteien zu verantworten.
Auf der Konferenz kam aber nicht nur die Betriebsrats- und Gewerkschaftsbekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland an aktuellen Beispielen zur Sprache. Vielmehr wurden die Möglichkeiten einer erfolgreichen Abwehr des Betriebsrats-Mobbings aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet.
Klaus Stein, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Mannheim, berichtete in seinem Grußwort von einer zunehmenden Zahl von Angriffen auf Betriebsräte und gewerkschaftliche Organisierung in Betrieben der Region. Er betonte die Notwendigkeit einer konsequenten Gegenwehr.
Gerhard Klas von work watch Köln, einer von Günter Wallraff mitbegründeten Initiative, forderte die Einzelgewerkschaften auf, Opfern von BR-Mobbing unbürokratisch und schnell finanzielle Notlagen-Unterstützung zu gewähren.
Susanne Kim und Philipp Zysas vom IG Metall-Vorstand in Frankfurt referierten zum
Thema „ Organisieren – eine Methode zur Verteidigung unserer Grundrechte im Betrieb gegen Angriffe auf Gewerkschaften?”. Eine zentrale Aussage ihrer Ausführungen war, dass die Bekämpfung von Betriebsräten und Gewerkschaften eine „wachsende Gefahr für Demokratie in Betrieb und Gesellschaft” ist.
Dietrich Growe, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Mannheim (Kanzlei Dr. Growe & Kollegen), setzte sich mit der Frage „§ 119 Betriebsverfassungsgesetz – kein Thema im Arbeitsrecht?” auseinander. Seine Empfehlung für die juristische Bekämpfung des BR-Mobbings lautete, „Konzernvorstände, Aufsichtsratsmitglieder, Eigentümer, Rechtsanwälte und führende Kanzleipartner in die strafrechtliche Verantwortung [zu] nehmen!”
Eine kleine Sensation war die Vorstellung der ersten Bildergeschichte zu Betriebsrats-Mobbing überhaupt. Sie trägt den Titel „Die 10 Schritte zur Beseitigung des Betriebsrats“. In ihr haben von BR-Mobbing betroffene Kollegen ihre Erlebnisse in einer beeindruckenden Form verarbeitet. Eine Veröffentlichung ist geplant.
Peter Köster (IG BAU Mühlheim, Essen, Oberhausen) skizzierte strategische Perspektiven für die noch wirksamere Bekämpfung von BR-Mobbing durch Betroffene, Solidaritätskomitees und Gewerkschaften.
Die Tagung verabschiedete die Entschließung „Was tun gegen BR-Mobbing!“.
Darin heißt es unter anderem:
BR-Mobbing gilt offenbar in der Bundesrepublik meist als Kavaliersdelikt. Jedenfalls bleiben die hierfür Verantwortlichen in Unternehmensleitungen und ihre Helfershelfer aus Anwaltskanzleien, Beratungsfirmen, dem Kreis firmenhöriger „unabhängiger Betriebsräte“ und Detekteien meist straffrei. Jedenfalls nehmen es Verantwortliche in Politik, Justiz, Medien und leider auch in manchen betrieblichen und gewerkschaftlichen Strukturen entweder gar nicht wahr oder spielen es als „Einzelfall“ herunter.
Tatsache ist aber:
Die Be- oder Verhinderung der Wahl von Betriebs- oder Personalräten ist ein Straftatbestand.
Die Blockade der gesetzlich festgelegten Aufgaben von gewählten Betriebsratsgremien ist illegal.
Das Mobben von Betriebsrats- und Gewerkschaftsmitgliedern ist kriminell.
Es handelt sich hierbei um massive Verletzungen von Grund- und Menschenrechten.
Die konsequente Bekämpfung von BR-Mobbing ist deshalb nicht allein eine Pflicht der Gewerkschaften. Politik, Justiz und Medien sind hier ebenfalls gefordert.
Den vollen Wortlaut dieser Entschließung demnächst auf der Homepage:
http:/www.gegen-br-mobbing.de/
Unterstützer der vom Komitee „Solidarität gegen BR-Mobbing!“ organisierten Konferenz waren IG Metall Mannheim sowie AKUWILL Oberhausen, Betriebsrat General Electric Mannheim, IG BCE Weinheim, Überbetriebliches Solidaritätskomitee Rhein-Neckar, ver.di Rhein-Neckar und work-watch Köln.
Einen berührenden musikalischen Beitrag zum guten Gelingen der Tagung leistete die Mannheimer Künstlerin Gizem Gözüacik.
In einem Jahr, am 13. Oktober 2018, soll die 5. bundesweite Konferenz „Betriebsräte im Visier” in Mannheim stattfinden.