Mit einer Unterlassungsklage versucht die Sicherheitsfirma den streitbaren Verdi-Sekretär Özay Tarim mundtot zu machen, sagen Mitarbeiter am Flughafen Düsseldorf. Der Streitwert: 112.500 Euro. Die Beschäftigten sind entsetzt und stellen sich hinter ihren Gewerkschaftssekretär.
Tarim hatte immer wieder die Finger in die Wunde gelegt, das Unternehmen wegen schlechter Personalplanung und Verstößen gegen Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Sicherheitsauflagen kritisiert. Die Fluggastabfertigung von Kötter war wiederholt wegen mangelhafter Personalplanung und langen Warteschlangen am Check-in an verschiedenen Flughäfen in die Kritik geraten. Die Bundespolizei hatte das Unternehmen im Sommer vergangenen Jahres unter anderem deshalb abgemahnt. Im Herbst 2017 war es am Düsseldorfer Flughafen wegen überlanger Wartezeiten zu Handgreiflichkeiten zwischen Passagieren gekommen. Bundespolizisten mussten bei den Passagierkontrollen aushelfen. Im selben Jahr war zudem ans Licht gekommen, dass es erhebliche Mängel bei der Aus- und Fortbildung des Personals gab.
Kötter Aviation-Chef Lange, der auch Aufsichtsrat von Schalke 04 und Vizepräsident des Arbeitgeberverbands der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) ist, macht den Gewerkschafter intern für die schlechte Presse verantwortlich und gelobte öffentlich Besserung. Obwohl zahlreiche neue Kontrollkräfte eingestellt wurden, gibt es jedoch weiterhin fortlaufend Engpässe beim Personal. Kein Wunder, denn das Unternehmen verzeichnet laut dem Branchendienst airliners.de einen extrem hohen Krankenstand von über 20 Prozent. In der gesetzlichen Krankenversicherung beträgt er demgegenüber gerade mal 4,2 Prozent. Die Beschäftigten bei Kötter Aviation leiden unter extremen Belastungen durch Wechselschichten. Wer nur alle zwei Monate mal Samstag und Sonntag frei hat und dessen Schichtbeginn laufend wechselt, kann das Privatleben sowieso vergessent, sagt der Mitarbeiter. In der Belegschaft wurden deshalb wiederholt Forderungen nach einem verbesserten Schichtsystem laut. Doch die Geschäftsführung weigerte sich bis vor kurzem, mit dem Betriebsrat über eine entsprechende Betriebsvereinbarung zu sprechen und behindert die Mitbestimmung, wo es nur geht. Dabei laufen die Geschäfte blendend. Die rund 18.500 Beschäftigten erwirtschafteten 2018 einen neuen Rekordumsatz von 549 Millionen Euro.
Für den Betriebsrat ist das Vorgehen der Geschäftsführung gegen den Gewerkschaftssekretär nicht nachvollziehbar. Die Vorwürfe aus der Klageschrift bezögen sich auf die Aushänge von verdi zum Streikbruch im Februar/März 2019, heißt es in einer Mitteilung des Betriebsrats am Schwarzen Brett. Kötter hatte von dem Gremium demnach verlangt, dass Tarim sich zurückhalten soll. Lange hatte das als „Feuerpause“ bezeichnet. Trotzdem strengte er plötzlich die Unterlassungsklage gegen den Gewerkschafter an. Für Kötter steht tatsächlich einiges auf dem Spiel. So ist völlig ungewiss, ob der Bund das Unternehmen auch in den nächsten Jahren mit der Passagierkontrolle an den Flughäfen Köln-Bonn und Düsseldorf beauftragt. Da stört ein Gewerkschafter, der seinen Job macht, Tacheles redet und die Beschäftigten ansprechen und mobilisieren kann.