(gk) Der Spezialschraubenhersteller Prepart GmbH im hessischen Lichtenfels fühlt sich sozialen Leitlinien verpflichtet: „Achtung der Vereinigungsfreiheit“ und die „Einhaltung geltender Gesetze und Vorschriften“ hat das inhabergeführte Familienunternehmen ausdrücklich auf seiner Homepage erwähnt. Das Betriebsverfassungsgesetz, das Firmen dieser Größenordnung einen Betriebsrat zubilligt, gehört offensichtlich nicht dazu.
Erstmals in seiner Geschichte haben die einhundert Mitarbeiter:innen am 14.März einen Wahlvorstand mit der Vorbereitung einer Betriebsratswahl betraut. Nach knapp drei Wochen sind zwei der drei Wahlvorstände ohne Angaben von Gründen zurückgetreten, haben ihren Kontakt zur zuständigen Gewerkschaft IG Metall (IGM) abgebrochen. Weil es keine Ersatzkandidaten gab, war der Wahlvorstand damit aufgelöst. Aber es habe „mutige Beschäftigte gegeben“, so Andreas Köppe von der IGM, die einen neuen Anlauf wagten.
Am 14.April wurde dann ein neuer Wahlvorstand von der Belegschaft gewählt, diesmal mit drei Ersatzkandidaten. In weiser Voraussicht: denn erneut ist einer der Wahlvorstände zurückgetreten, ohne dass er etwas über seine Beweggründe verlauten ließ, so Köppe. Für die IGM und ihre Kollegen im Betrieb ist er nicht mehr ansprechbar. „Das wirft Fragen auf“, so Köppe. Durch den Nachrücker sei die Wahl zum Betriebsrat, die am Montag den 24.April stattfinden wird, allerdings nicht mehr gefährdet.
Fragen wirft auch die Kündigung einer Beschäftigten auf: Ihre Eltern sitzen beide im Wahlvorstand. Die Tochter ist als Produktionshelferin beschäftigt und sollte ab September übergangslos eine Ausbildung im Unternehmen beginnen. Am 11.April wurde dann von allen, auch vom Management, die erneute Einladung zur Wahlversammlung im Betrieb entdeckt, auf der auch die Namen der Einladenden stehen. Am gleichen Tag wurde die Kündigung an die Tochter ausgesprochen.
„So was habe ich auch noch nicht erlebt. An die Eltern kommt man durch besonderen Kündigungsschutz nicht dran“, so Köppe. „Nach den uns vorliegenden Rückmeldungen hat es für die Kündigung keinen Grund gegeben. Da sie noch in der Probezeit ist, sieht das so aus als will das Unternehmen den Eltern damit zeigen, dass die Betriebsratswahl nicht gewünscht ist.“ Beinahe wäre die Rechnung aufgegangen. „Sie hatten sich schon überlegt, ihre Kandidatur zurückzuziehen“, so Köppe. Aber Betriebsräte aus anderen Metallbetrieben der Region haben ihre Unterstützung bei der Bewerbung der Tochter in ihrer Firma zugesagt. Diese Solidarität hat sie motiviert weiter zu machen.
Damit waren die Schikanen noch nicht zu Ende: Der Wahlvorstand bekam keinen Zugang zum betriebseigenen Drucker, also mussten die Kandidat:innenlisten samt Wahlausschreiben in vier Sprachen bei einem Kollegen zu Hause gedruckt werden. „Den Beschäftigten wird außerdem mit der Verlagerung des Betriebes an einen anderen Standort gedroht, sollte ein Betriebsrat gewählt werden“, so Köppe. Und es werde mit Abschaffung von Privilegien gedroht, etwa „der lockere Umgang mit den Raucherpausen oder die Abschaffung von Firmenfahrrädern, die den Kolleg:innen viel bedeuten“.
Seit Mitte April sind nun auch die Listen der IG Metall mit den Wahlausschreiben ausgehängt. Einige sind mittlerweile übermalt worden, Fotos von Kandidat:innen durchgestrichen und mit dem Wort „Arschloch“ markiert worden.
Aber das wird den Gegnern des Betriebsrates nichts nützen, ist sich Gewerkschaftssekretär Köppe sicher. „Der Betriebsrat kommt, auch bei Prepart, das haben die Mutigen geschafft.“ Letztendlich erfüllen sie damit einen Anspruch, das sich das Familienunternehmen selbst in seinen Leitlinien gegeben hat: Vereinigungsfreiheit und die Einhaltung von Gesetzen.