26. April 2025

Koalitionsvertrag: Kriegswirtschaft statt Arbeitnehmer:innenrechte

(gk) Noch läuft sie, die Abstimmung der 358.322 SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag. Bis zum 29.April. Wir meinen: einer Arbeiter:innen-Partei, die die SPD einmal war und von der einige ihrer Mitglieder gerne hätten, dass sie wieder eine würde, stünde eine Zustimmung schlecht zu Gesicht.

Zu gravierend sind die Verschlechterungen, die das Papier für Lohnabhängige und prekäre Selbstständige vorhält, u.a. auch in dem Bereich, den work watch bearbeitet: Anders als im Koalitionsvertrag der Ampel ist keine Aufwertung des Anti-Bossing Paragraphs 119 BetrVG vom Antrags- zum Offizialdelikt mehr vorgesehen. Selbst die 15 Euro Mindestlohn, von Sozialdemokrat:innen als großer Verhandlungserfolg verkauft, sind nicht in Stein gemeißelt. Das Vermögen der Reichen lässt der Koalitionsvertrag außen vor, ihr Anteil an der Finanzierung der gesellschaftlich notwendigen Aufgaben sinkt weiter.

Aber: Arbeitsplätze sollen durch ein gigantisches Rüstungsprogramm gesichert werden. Dieser Rüstungskeynesianismus ist alles andere als nachhaltig und würde in der Menschheitsgeschichte nicht zum ersten Mal ein blutiges Ende nehmen. Auch wenn die Jusos das letzte hier aufgeführte Argument als Kritik am Koalitionsvertrag kaum teilen dürften, wollen doch viele von ihnen aus anderen guten Gründen gegen den Koalitionsvertrag stimmen. “Unser Votum lautet Ablehnung“, so der Juso-Bundeschef Philipp Türmer bei RTL und ntv, „für die Zustimmung der Jusos bräuchte es deutliche Nachbesserungen.” Er kritisierte, dass in der Migrationspolitik sowie bei Arbeit und Sozialem der Vertrag den falschen Weg gehe und dass er an anderen Stellen, wie Steuern und Finanzen, zu ambitionslos sei. Und der darin festgeschriebene Finanzierungsvorbehalt sei eine “tickende Zeitbombe”. Im Deutschlandfunk erklärte er, dass eine Ablehnung keine „Staatskrise“ bedeuten müsse – die Koalitionäre könnten ja nachverhandeln.

Ob auch andere Sozialdemokraten so viel fortschrittlichen Pragmatismus an den Tag legen, wird sich zeigen. Viele Parteifreunde Türmers befürchten den politischen Niedergang, sollte es zu einer Ablehnung kommen. Fest steht: Dieser Koalitionsvertrag vertritt die migrationspolitische Agenda der AfD, stellt Steuererleichterungen für niedrige und mittlere Einkommen sowie den Mindestlohn unter Vorbehalt. Ganz zu schweigen von den Bürgergeldempfänger:innen, die neben Migrant:innen als neue Sündenböcke herhalten müssen. Da Mieten und Lebenshaltungskosten insgesamt steigen, wird es eine massenhafte Verarmung geben. Anders als 2021 begrüßt die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit, die Arbeitnehmervertretung in der SPD, diesmal den Koalitionsvertrag nicht, scheut aber auch ein klares Nein.

Dieser Koalitionsvertrag ist ein Schritt hin zur Kriegswirtschaft, für den mittelfristig alle bezahlen werden müssen, die nicht über ausreichendes Vermögen und Produktionsmittel verfügen. Es droht ein zweites 1914 – damals wurden mit den Stimmen der Sozialdemokratie die Kriegskredite bewilligt. Viele ihrer Mitglieder ließen dann in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs ihr Leben. “Wir zahlen nicht für eure Kriege, Waffen runter, Löhne rauf” – diesem Aufruf der der gewerkschaftlichen Basisinitiative SAGT NEIN! Gewerkschafter:innen gegen Krieg, Militarismus und Burgfrieden können wir uns nur anschließen.